Ylodern II - Schattenhandel
Die Suche nach Wahrheit
Die Spannungen zwischen Norden und Süden in Ylodern sind trotz der Heirat des nördlichen Kronprinzen Septimus mit der südlichen Prinzessin Amirah Sita nicht abgeflaut. Die Südprinzessin hat sich als politisch geschickt erwiesen. Im Norden entstehen Sorgen, ihr Einfluss auf das Kaiserhaus nähme Überhand. Die Adelshäuser sind besonders besorgt, allen voran Haus Eudokia unter Leitung der Herzogin Theodora und Haus Maecer, die beide bedeutend von der Ausbeutung der Südländer profitieren und durch südfreundliche Politik Verluste ernten könnten. Der kirchliche Ordo Tenebrarum fürchtet den Einfluss südlicher Kultur, obgleich viele nichtkirchliche Gelehrte eine Annäherung befürworten. Das einfache Volk, in den Grenzgebieten durch den Krieg vor zwanzig Jahren noch schwer gegeißelt, sieht sich trotz der Wohltätigkeit des niederen (aber ehrwürdigen) Adelshauses Valenius oder des kirchlichen Ordo Tutelae zugunsten des Südens vernachlässigt. Den kaisertreuen Beamten und Truppen des Heeres missfallen die Sonderrechte, die seit dem Krieg den Adelshäusern zugefallen sind. Die Terroranschläge der Roten Hand im Süden gegen nördliche Stützpunkte verschärfen in den letzten Monaten die Spannungen. Der Urven Arsa, der diplomatisch für den Süden spricht und den Frieden befürwortet, verliert an Einfluss.
Dazu zirkulieren Gerüchte unbekannter Quelle, die dem Kaiser die Kollaboration mit einem Südfürsten unterstellen. Dieser hat (vermeintlich mit kaiserlicher Unterstützung) eine heilige Stätte des Südens, die Oase Ninurtas, beansprucht und will als dortiger Fürst anerkannt werden, entgegen der Glaubensgrundsätze des Südens. Die Gerüchte verärgern alle Parteien noch mehr: der Adel sieht sich benachteiligt und die Gelehrten sehen eine nördlich verschuldete Perversion der südlichen Traditionen. Die Kirche befürchtet weitere kulturelle Unterwanderung, die Kaisertreuen einen weiteren Verlust zentraler Macht.
Bei den Vorfeierlichkeiten zur Herbstjagd, an denen traditionell zwischen den Machtparteien des Nordens Intrigen ausgesponnen werden sowie neues, fähiges Personal gesucht wird, erscheint unerwartet ein Bote der kaiserlichen Elite. Er ist auf geheimer Mission von Südländern überfallen und verwundet worden, konnte aber ausmachen, dass ein Nordländer sie unterstützte. Dieser Hochverrat wurde vermutlich aus Unmut über die kaiserlichen Verhandlungen mit dem Südfürsten begangen. Alle anwesenden Parteien streiten die Beteiligung ab. Alle einigen sich, dass die Anwesenden, die einen Mäzen suchen, als „Bewerbung“ Ermittlungen in dieser Sache anstellen können. Nebenbei hoffen einzelne Parteien, die dreckigen Geheimnisse der politischen Gegner bei dieser Gelegenheit zu lüften.
Es gelingt vor dem Hintergrund weltlicher und übernatürlicher Geschehnisse kaum einer Partei, die Geheimnisse ihrer Feinde zu entlarven. Das örtliche Volk sieht, wie die Ermittlungen seine Gelegenheit überschatten, von den Machtträgern Hilfe einzufordern. Es kommt zu wütenden Anschlägen und Beinahe-Anschlägen. Manche scheinen übernatürlich beeinflusst: die Wut der Bevölkerung geht phasenweise auch auf sonst besonnene Gemüter über und die Leiche eines Attentäters, die eine seltsame Narbe am Hals aufweist, verschwindet mysteriös. Zudem sind die örtlichen Naturgeister aufgebracht, vielleicht wegen der (äußerst ungewöhnlichen) Anwesenheit eines ruhelosen Totengeistes. Der Versuch, den Totengeist zur ewigen Ruhe zu betten, scheint ihn eher zum Opfer einer ungesehenen dunklen Macht werden zu lassen. Nur der Priester des Ordo Tenebrarums kann vor dieser belebten Kulisse erfolgreich die Geheimnisse aufdecken, die er sucht – keine politischen, sondern Nachforschungen zum Wesen der Naturgeister, die dem Orden so verhasst sind.
Die Ermittlungen bleiben jedoch nicht vollends erfolglos. Den Aussagen eines Zeugen, dessen Gabe seinen Geist benebelt, kann entnommen werden, dass die Rote Hand selbst mit Unterstützung eines örtlichen Bauern für den Anschlag verantwortlich ist, nicht eine der anwesenden Parteien. Die Identität ihres Anführers wird zum ersten Mal bekannt: Nurhadin Alhizan, Sohn des Möchtegern-Südfürsten der Oase und ehemals ein guter Freund des Urven Arsa, steckt hinter den Terrorangriffen, die den fragilen Frieden zwischen Norden und Süden direkt bedrohen.
Der Ordo Tenebrarum hat seitdem seine Erkenntnisse genutzt; immer mehr Begabte werden im Norden entdeckt und zum Schutze der Bevölkerung in Klöster abgesondert. Nurhadins Anschläge haben den Urven Arsa veranlasst, ihn als Extremisten und Feind des Südens darzustellen. Zudem hat der Urven die Oase Ninurtas befreit, indem er Nurhadins Vater im Einzelkampf gestellt und besiegt hat. Doch das hat nicht all seinen Landsleuten gereicht; immer noch sympathisieren viele mit Nurhadins Roter Hand und seinem Bestreben, Rache am Norden zu nehmen und das Joch der Eroberer abzuwerfen. Dem gegenüber stehen die Bemühungen des Urvens, durch Verhandlungen friedlich eine ebenbürtigere Beziehung zwischen Norden und Süden herzustellen.
Im zwanzigsten Jahr des erzwungenen Friedens zwischen den südlichen Ländern Arsas und den nördlichen Säulenpaktländern sollten einmal mehr den nördlichen Siegern wichtige Geiseln übergeben werden. Zu einem solchen Jubiläum reichte es aber nicht, irgendeinen zweitrangigen Stammesfürsten abzuliefern - nein, der alternde Kaiser hatte beschlossen, dass niemand Geringeres als die Schwester des aktuellen Urven Arsa ihrer Heimat entrissen werden sollte, und das dauerhaft, denn es war beschlossen worden, dass sie den Sohn des nördlichen Kaisers heiraten sollte.
Bei der abermaligen Unterzeichnung des Friedenspaktes sollten sich die füreinander Bestimmten das erste Mal kennenlernen, doch nicht alles wollte nach Plan verlaufen. Am ersten Abend bereits floh des Urvens Schwester, Amirah Sita, mit einem ihrer Gefährten in die Nacht. Doch nicht nur sie hatten der geplanten Hochzeit etwas entgegenzusetzen - Theodora Eudokia, bis dahin die mutmaßliche Frau des Kaisersohns Konstantin, wollte nicht tatenlos zusehen, wie ihre Zukunft ihr von den Plänen eines alten Mannes und der Schönheit einer südlichen Barbarin genommen wurde. In den Ermittlungen des darauffolgenden Tages wurde klar, dass sie nicht unschuldig an dem Verschwinden von Sita geblieben war.
Doch niemand hatte damit gerechnet, wer noch seine Finger im Spiel hatte. Atticus Philanthropenos, augenscheinlich ein freundlicher Händler, doch in Wirklichkeit ein wahnsinniger Anhänger des Marduk, hatte beschlossen, die südliche Würdenträgerin entführen zu lassen. Er nutzte Fürstin Eudokia geschickt aus, um seinen Plan umzusetzen, und damit sein Ziel voranzutreiben, Amirah tot zu sehen und einen erneuten Krieg zwischen Nord und Süd anzufachen. Er konnte daraus nur profitieren, war er doch einer der wichtigsten Waffenhändler des Säulenpakts.
Die Gäste des Friedensschwurs entpuppten sich jedoch als wahre Helden. Sie retteten Amirah vor den Schergen des Atticus und entdeckten seine finsteren Machenschaften. Den darauffolgenden Kampf überlebte der wahnsinnige Händler nicht. Das Haus Eudokia konnte zeigen, dass ihm keinerlei Schuld zuteil wurde, und Amirah willigte in ihr Schicksal ein. Ein friedliches Ende, friedlich genug, den Schwur erneut abzulegen...